Elberfelder Kirchenmusik an der Wilhelm-Sauer-Orgel und der Klais-Orgel
Elberfelder Kirchenmusik an der Wilhelm-Sauer-Orgel  und der Klais-Orgel 

 

125 Jahre

Wilhelm-Sauer-Orgel Friedhofskirche 

 

Der Orgelbauer Wilhelm Sauer  1831 - 1916 

 

Wilhelm Sauer *1831 †1916

 

1831

Am 23. März wurde Wilhelm Sauer in Schönebeck bei Friedland im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz geboren. Der Vater, Carl Adolph Ernst Sauer, war von Beruf Schmiedemeister und um 1820 aus Pommern nach Mecklenburg gekommen. In Schönebeck kaufte er eine Schmiede und heiratete 1822 Johann Christine Elisabeth Sumke.

1835

Beginn des Sauerschen Orgelbaus. Ernst Sauer baute als Autodidakt für die Schönebecker Kirche eine Orgel. Diese Leistung erregte in der Residenz und im Konsistorium Aufsehen und brachte ihm ein "Stipendium" des Großherzogs ein mit der Auflage, sich als Orgelbauer ausbilden zu lassen. Ernst Sauer ging zu Ratzmann nach Ohrdruf.

1838

Ernst Sauer kaufte die Schmiede in Schönebeck und siedelte nach Friedland über; er kaufe dort ein Grundstück und erbaute das Fabrikationsgebäude. Er begann mit dem gewerblichen Orgelbau.

1842

Am 27. Dezember starb Johann Ernst Sauer, der ältere Bruder Wilhelms. Johann Ernst war vom Vater als Nachfolger für den Betrieb ausersehen worden. Johann Ernst war am 28. Januar 1823 geboren worden und bereits als Orgelbauer und Gehilfe beim Vater tätig gewesen.

1848

Wohl wegen seiner Begabung wollte der Vater Wilhelm auf die Bauakademie nach Berlin schicken. Die Umstände der Zeit, Revolution in Deutschland, geschäftliche Sorgen des Vaters, aber auch dessen Überlegungen nach dem Tod von Johann Ernst nun Wilhelm als Nachfolger auszubilden, ließen diesen Plan scheitern. Wilhelm begann beim Vater seine Lehre.

1851-53

In den Schönebecker Akten des Pfarramtes wird Wilhelm Sauer in diesen Jahren als "außer Landes" geführt. Er befand sich zu dieser Zeit auf Studienreise im Ausland. Er hielt sich dabei vorrangig bei Cavaillé-Coll in Paris und bei Eberhard Friedrich Walcker in Ludwigsburg auf. Außerdem war er wohl noch in England und in der Schweiz. Dort wollte er seßhaft werden, doch der Vater beorderte ihn zurück.

1854-55

Der Bau der Orgel für die Marienkirche Friedland wurde zum Gemeinschaftswerk von Vater und Sohn. Hier flossen schon die Studienergebnisse ein, die Wilhelm mit nach Hause gebracht hatte. Bald wurde Wilhelm mit der Leitung der Zweigniederlassung in Deutsch-Krone, die der Vater zur Umgehung der hohen Zölle errichtet hatte, betraut.

1856-57

Wilhelm Sauer gab mit dem 1. März 1856 die Eröffnung seines eigenen Geschäftes in Frankfurt/Oder bekannt. Warum er später jedoch stets von der Geschäftseröffnung im Jahr 1857 sprach, ist unbekannt. Im Oktober 1856 arbeitete er an der Orgel der reformierten Kirche in Frankfurt/Oder und unterzeichnete bereits als Orgelbaumeister. Die Geschäftsräume befanden sich in der Dammvorstadt (heute Slubice), Crossener Str. 3. Er hatte dort auf dem Hof des Gasthauses "Goldener Löwe" Räumlichkeiten angemietet und begann mit etwa 10 Mitarbeitern die Herstellung eigener Orgeln.

1859

Am 1. März 1859 heiratete Wilhelm Sauer Minna Auguste Penske, die Tochter des Kantors. In diesem Jahr brachte der Auftrag für den Bau einer Orgel mit 22 Registern für die Neue Evangelische Kirche Tilsit - vermittelt durch einen Baurat aus Bumbinnen - den Durchbruch zum Erfolg. Im Berliner Raum konnte Sauer vorerst aber noch keinen Fuß fassen, denn der dort einflußreichste und für den Orgelbau zuständige Ober-Orgelbaurevisor August Wilhelm Bach (1796-1869) lehnte Sauer wegen seiner "Französelei" (gemeint sind die Einflüsse des französischen Orgelbaus) strikt ab. Am 14. Dezember wurde die Tochter Johanna geboren.

1860

Die Geschäftsverbindungen in Preußen entwickelten sich rasch. Er errichtete in Königsberg eine Zweigniederlasung, die Sauer später, nach den Verbesserungen der Infrastruktur, wieder aufgab.

1864

Sauer lieferte die erste gröere Orgel nach Berlin. Die Christuskirche erhielt ein 18stimmiges Werk. Diese Kirche unterstand nicht dem preußischen Staat, also nicht dem Ober-Orgelbaurevisor Bach. So konnte Sauer nun doch zunehmend Einfluß in Berlin gewinnen.

1865

Der junge Betrieb baute die erste Orgel für das Ausland: Petersburg. Bis 1914 folgten noch 41 Instrumente in das alte Rußland. Auf Anraten eines Verwandten - vermutlich des Vaters - führte Wilhelm Sauer für sich und seine Nachkommen ein Familienwappen ein.

1866

Sauer erwarb mit Kaufvertrag vom 16. Februar 1866 das Grundstück Park 13 (heute Paul-Feldner-Straße 13), um hier sein eigenes Anwesen zu begründen. Das Wohnhaus, das heute allgemein das Sauer-Haus genannt wird, steht schon seit etwa 1785 an der Straßenseite des Geländes. Die Bauarbeiten für die Werkstätten etc. begannen noch im gleichen Jahr.

1867-68

Werkgebäude, Kesselhaus und eine Remise waren fertiggestellt. Das Attest zur Inbetriebnahme des Dampfkessel datiert auf den 22. Juli 1867. Schon ein Jahr später baute Sauer den "Großen Orgelsaal", der als Montage-, Ausstellungs- und Vorführsaal gedacht war. Wilhelm Sauer, der selbst ein guter Orgelspieler war, hat hier sicher das eine oder andere neue Instrument ausprobiert und vorgeführt. Auch reiste er in diesem Jahr wieder einmal nach Paris zu Cavaillé-Coll und studierte dort die Natur der Partialtöne. Zugleich begann der Bau der neuen Orgel für die Nicolaikirche (heute Konzerthalle), in die die Studienergebnisse sicht- und hörbar eingingen. Sein Opus 125 erhielt im Pedalwerk u.a. eine Quinte 5 1/3', Terz 3 1/5' und Septime 2 2/7' als eigenständige Register; dies war für die damalige Zeit sehr außergewöhnlich. Die Belegschaft hatte sich deutlich vergrößert. Die Zeitschrift "Urania" berichtete, daß jetzt pro Woche etwa 110 Taler an Lohn zu zahlen seien, was auf eine ansehnliche Zahl von Mitarbeitern schließen läßt. Diese arbeiteten wohl gern bei ihm, weil die Kraft der Dampfmaschine den Betrieb von Säge- und Hobelmaschinen gestattete und so ein Teil der erheblichen körperlichen Arbeit entfallen konnte. Die Geschäftslage war zudem gut, es konnten nicht alle Aufträge ausgeführt werden.

1869

Am 21. Dezember wurde mit der neuerbauten Thomaskirche in Berlin auch die neue Sauer-Orgel in Anwesenheit von König Wilhelm I. von Preußen eingeweiht. Es war ein viermanualiges Werk mit 52 Registern und mechanischer Kegellade.

1876

Am 4. Oktober starb Wilhelm Sauers Frau im Alter von 36 Jahren. Vermutlich fiel in diese Zeit auch der Brand im Wohnhaus, der wichtige geschäftliche Unterlagen vernichtete.

1877-78

Sauer legte sein "Geheimes Hauptbuch" an. Ein interessantes Dokument zur wirtschaftlichen Entwicklung des nun 20jährigen Betriebes. Am 7. September 1878 heiratete Sauer in zweiter Ehe Ida Henriette Anna Elisabeth Bauer, die Tochter eines Brauereibesitzers und Stadtrates in Potsdam.

1881

Am 2. Februar erteilte das Kaiserliche Patentamt in Berlin Sauer für seine "Combinationsvorrichtung an Registerzügen für Kirchenorgeln" unter der Nr. 14576 das Patent.

1883

Sauer wurde die Auszeichnung "Akademischer Künstler" zuteil.

1884

Durch Kabinettsorder vom 18. April wurde Sauer vom König das Prädikat des "Königlichen Hoforgelbaumeisters" verliehen.

1888

Nachdem Sauer schon 1865 eine neue Orgel mit 60 Registern für die Leipziger Petrikirche gebaut hatte, brachte dieses Jahr den Auftrag zum Bau einer neuen Orgel für die berühmte Thomaskirche. 1902 und 1908 wurde diese Orgel vom Sauerschen Betrieb unter Mitarbeit des Thomasorganisten Karl Straube umgebaut.

1892

Anfang der neunziger Jahre, vermutlich 1892, änderte Sauer sein Traktursystem. Hatte er bisher seine Orgeln stets mit mechanisch angesteuerten Kegelladen ausgerüstet, ging er nun schrittweise zur Pneumatik über. Die Gründe dafür lagen auf der Hand: die immer mehr von der Kundschaft geforderten Großorgeln für Dome und Kirchen, aber auch für Konzertsäle ließen sich nicht mehr mechanisch steuern. Dieses Traktursystem war an seiner Leistungsgrenze angekommen; auch andere Orgelbauer waren schon zur Pneumatik übergegangen. Der 1892 in den Betrieb eingetretene Paul Walcker brachte die entscheidenden Impulse ein.

1893-1900

Zahlreiche Orgeln verließen die Werkstätten. Wilhelm Sauer stand auf dem Höhepunkt seines Lebenswerkes. Auszeichnungen und Ehrungen wurden ihm im Laufe der kommenden Jahre in großer Zahl zuteil. Von den überaus vielen Auszeichnungen durch allerhöchste Persönlichkeiten und den vielen Ehrengeschenken hat sich nur ein einziges bis heute erhalten: ein kleiner silberner Becher, der ihm zur Einweihung der neuen Orgel in Dorpat von der dortigen Kirchenleitung überreicht worden war. Um 1900 erwarb Sauer das Grundstück Leipziger Straße 1, das als Holzplatz genutzt wurde.

1901-10

Der inzwischen 70jährige Sauer war unermüdlich auf Reisen: u. a. Holland, Rheinland, Leipzig, Driesen, Nauheim. Die Ehrungen für sein Lebenswerk häuften sich in den letzten Jahren seines Schaffens. So erhielt er u. a.: Roter Adlerorden (1899), Verdienstorden für Kunst und Wissenschaft (1899), Kroneorden (1901), Medaille für Kunst und Wissenschaft (1905), Roter Adlerorden mit Schleife (1906), Ritterkreuz (1909).
Sauer revanchierte sich auf seine Art für die vielen Aufmerksamkeiten. So stiftete er Orgeln für die Pfingstkapelle in Potsdam, für das Blindenheim der Hermann-Schmidt-Stiftung in Königswusterhausen, für die katholische Erlöserkapelle in Mirbach, für das Lutherstift in Frankfurt (Oder) und für seine Heimatgemeinde in Schönebeck. Für die Orgel der Garnisionskirche in Berlin stiftete er das Fernwerk.
1906 wurde Sauer Mitglied im "Verband der Orgelbaumeister Deutschlands" und wurde von der ersten Vollversammlung in dessen Vorstand gewählt.

1916

Am 09. April 1916 starb Wilhelm Sauer. 1100 Orgeln waren in der Zeit von 1857 - 1910 durch ihn und seine Mitarbeiter in allen Teilen Deutschlands, in vielen Ländern Europas und einige sogar in Südamerika und Asien gebaut worden.


 

Der Anfang der Wilhelm-Sauer-Orgel von 1896 - 1898

Restaurierung der Wilhelm-Sauer-Orgel 2010

Starker Schimmelbefall und einknickende Prospektpfeifen

Fortsetzung folgt - Die Restaurierung 

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